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Unternehmerzeitung – Die Märchenverkäuferin

Die Märchenverkäuferin – FRAUEN IM MANAGEMENT

Tischkarten, Torten und ganz viel Tüll. Unser Bild vom Beruf der Hochzeitsplanerin hat viel mit Hollywood und wenig mit der Realität zu tun. Die Filme haben uns das Bild in die Köpfe gepflanzt, wo es sich hartnäckig hält. Ebenso hartnäckig hält Evelyne Schärer an ihrer Mission fest, dieses zu korrigieren.

TEXT DELIA BACHMANN

Das Kleid, ein Traum. Das Essen, ein Gedicht. Die Location, eine Augenweide. Die Erwartungen an den schönsten Tag im Leben sind enorm. Der Wunsch, eine himmlische Hochzeit à la Hollywood zu feiern, weit verbreitet. Der Umstand, dass es für viele nicht nur der schönste Tag im Leben, sondern auch einer der teuersten ist, schraubt die Erwartungen zusätzlich nach oben: Was weniger als perfekt ist, ist nicht gut genug. Perfektion aber braucht Planung. Wer diese selbst übernimmt, geht auf dem Weg zur himmlischen Hochzeit nicht selten durch die Hölle. So manch eine Braut in spe erkennt: Mit Kuchen essen und Kleider anprobieren ist es nicht getan. Eine Lektion, die auch Evelyne Schärer lernen musste. Ihre eigene Hochzeit im Jahr 2004 war die erste, die sie plante. Das Ergebnis: Zapfenlocken statt sanfte Wellen, kein einziges brauchbares Hochzeitsfoto und die zwei aus London eingeflogenen DJs mussten um 22.30 Uhr statt um fünf Uhr früh den Stecker ziehen, weil plötzlich die Polizei vor der Tür stand. «Ich habe Klassikerfehler gemacht», räumt Schärer ein. Heute würde ihr das nicht mehr passieren. Das Gute: Zwei Monate nach ihrem Hochzeitsfiasko gründete Schärer die Agentur «Perfect Day GmbH» und setzte damit einen Plan in die Tat um, den sie schon länger mit sich trug.

VERLIEBT, VERLOBT, VERPLANT

Vor dem Film «The Wedding Planner» aus dem Jahr 2001 mit Jennifer Lopez und Matthew McConaughey war der Beruf Hochzeitsplanerin im kontinentalen Europa weitgehend unbekannt. Für Evelyne Schärer war der Film gewissermassen die Initialzündung. Ein Jahr später konkretisierten sich die Pläne:
Während ihrer Ferien in Mexiko erlebte Schärer eine Hochzeitplanerin in Aktion und dachte sich: «Das kann ich auch.» Die Domain yourperfectday.ch reservierte sie noch vor dem Rückflug. «Ich konnte von Anfang an davon leben», erzählt Schärer stolz. Möglich war dies, weil sie zweigleisig fuhr: YourPerfectDay für Hochzeiten, ThePerfectDay für Marketing-Projekte. Bald wurden die Hochzeiten mehr, die Marketingprojekte weniger. Zu Beginn verfolgte sie eine regionale Strategie mit Filialen in der ganzen Deutschschweiz: «Ich hatte das Gefühl, die Leute schätzen es, wenn die Hochzeitsplanerin in der Nähe ist.» Ganz aufgegangen ist der Plan nicht. Was die Kaufkraft betrifft, gibt es zwischen den Regionen massive Unterschiede. Auch deshalb hat Schärer beim Personal reduziert, derzeit beschäftigt sie vier Mitarbeiterinnen. Anfangs sei es schwer gewesen, gute Leute zu finden, die mitdenken und ein marktwirtschaftliches Grundverständnis mitbringen: «Wir haben einen sehr romantischen Beruf, doch am Ende des Tages müssen wir Rechnungen zahlen können.» Evelyne Schärer stellte fest: Die meisten Hochzeitsplanerinnen wollen keine Unternehmerinnen sein. Die Idee, ein Franchising-System aufzubauen, verwarf sie deshalb schnell wieder.

DER SCHÖNSTE TAG – UND DANN?

Manche Dinge ändern sich nie, oder zumindest nur langsam. Mentalitäten sind ein Beispiel, Vorurteile ein anderes. Marktführerin Evelyne Schärer ist sich dieser Muster, die tief im Denken und Handeln verankert sind, durchaus bewusst: «Die Leute trauen sich icht zu erzählen, dass sie einen Hochzeitsplaner haben. Sie schämen sich, weil alle sagen, dass man das selber machen könne.» Verstehen kann sie diese Haltung nicht. Schliesslich sei es auch keine Sache, wenn der Treuhänder die Steuererklärung erledigt oder die Coiffeuse die Haare schneidet. «Es gibt keinen einzigen Tag, an dem man so viel Geld ausgibt und am Schluss praktisch nichts davon hat. Einen Ring, hoffentlich gute Fotos, mehr nicht. Das Kleid kann man nicht mehr anziehen, die Torte ist weg, die Deko ist weg, die Leute sind weg, die Karten, die Frisur. Alles.» Jährlich werden rund 40‘000 Hochzeiten in der Schweiz gefeiert. Nur ein Bruchteil der Brautpaare engagiert einen Hochzeitsplaner, Evelyne Schärer schätzt den Anteil auf circa ein Prozent. Zwar betrübt es Schärer, dass es ihr in den 12 Jahren und trotz zig Interviews, Radio- und Fernsehauftritten nicht gelungen ist, die Vorurteile dem Beruf gegenüber zu entkräften – aufgeben will sie deshalb noch lange nicht. Ihre Kunden – meist gut ausgebildete Paare aus der Dienstleistungsbranche – wissen, warum sich Outsourcing lohnt. Schärer betont, dass die gleiche Hochzeit mit Hochzeitsplanerin unter dem Strich günstiger komme: «Wir haben die besseren Konditionen und wissen, welche Hochzeitsdienstleister das beste Preis-Leistungsverhältnis haben.» Derzeit plant sie, auf ein provisionsbasiertes Pricing umzustellen. Gelingt es ihr, mit allen Dienstleistern eine Provision von 10 Prozent zu vereinbaren, sparen die Brautleute die 150 Franken an Vermittlungsgebühr pro Dienstleister. Ein weit verbreiteter Irrglaube sei, dass sich nur Brautleute mit grossem Budget eine Hochzeitsplanerin leisten können: «Ich habe kein Limit.»

EIN TRAUMJOB, EIN KNOCHENJOB

Evelyne Schärers Arbeit beginnt, wenn der angehende Bräutigam die seine getan hat. Manchmal auch schon früher: Seit 2014 organisiert Schärer mit ihrem Service «YourPerfectProposal» auch Verlobungen. Der Trend gehe in Richtung aufwändig inszenierter Anträge. Schärer hilft den Männern dabei, die Frage aller Fragen vorzubereiten. Sagt die Liebste «Ja», geht es auch schon los mit der Planung. «Ich kann eine grossartige Hochzeit in vier Wochen organisieren», versichert Schärer, eine Vorlaufzeit von einem Jahr sei aber ideal. Bei der eigentlichen Planung hat Schärer fast nur mit der Braut, gelegentlich mit der Trauzeugin und selten it dem Bräutigam zu tun. Die Frage nach dem Budget geht der Frage nach den Wünschen stets voran. Dann geht es darum, einen gemeinsamen Nenner zu finden: «Man gibt die Hochzeit nicht aus der Hand, sondern bekommt zwei zusätzliche Hände.» Manchmal muss Schärer auch enttäuschen: So ist die standesamtliche Trauung im Freien, wie sie in Filmen zelebriert wird, in der Schweiz nicht möglich – wird aber oft gewünscht. Steht der grosse Tag vor der Tür, wird es emotional – eine gute Vorbereitung ist da Gold wert. «Alles, was man planen kann, muss man planen», lautet Evelyne Schärers Credo. Ihre perfektionistische Veranlagung komme ihr in diesem Beruf zugute: «Wir halten uns streng ans Drehbuch, die Zuständigkeiten sind klar geregelt.» Von Teilplanungen hält sie nichts, der Generalunternehmer- Ansatz entspricht ihr schon eher. Dieser bringt ihr grösstes Kapital voll zur Entfaltung: das grosse Dienstleister-Netzwerk.

DAS LEBEN IST KEINE HOCHZEIT

«Wir haben keine Konkurrenz. Wir haben Mitbewerber», erklärt Evelyne Schärer selbstsicher. Die meisten Hochzeitsplanerinnen in der Schweiz sind Einzelfirmen – «One-Woman-Shows». Ein Vergleich, den Schärer nicht nur nicht scheut, sondern gar nicht erst zieht. Nichtsdestotrotz hat sie sich über Jahre hinweg für die Professionalisierung dieses nicht geschützten Berufes eingesetzt. 2008 gründete Schärer den Verband Unabhängiger Schweizerischer Hochzeitsplaner (VUSH) mit, bis 2015 amtete sie als dessen Verbandspräsidentin. 2010 wurde in Zusammenarbeit mit der Academy for Marketing and Communication (SAWI) erstmals ein Lehrgang zum Hochzeitsplaner angeboten. Auch Schärer unterrichtete am SAWI. Heute steht sie dem Lehrgang skeptischer gegenüber: «Ich kenne niemanden sonst, der von der Dienstleistung als Hochzeitsplaner leben kann in der Schweiz.» Auch auf der Website des VUSH ist lediglich von der Aussicht auf ein zweites Standbein die Rede. Mittlerweile ist Schärer aus dem Verband ausgetreten. Ein weiterer Versuch, das Image ihres Berufes aufzupolieren, unternahm Evelyne Schärer 2013 als Hochzeitsexpertin beim VOX-Format «Vier Hochzeiten und eine Traumreise». Mehr als eine interessante Erfahrung wurde daraus jedoch nicht: «Sie wollten, dass ich nach Skript, nach Schema XY vorgehe. Ich wollte, dass die Zuschauer etwas mitnehmen können für ihre Hochzeiten. Doch man sieht nur, wie man es nicht machen sollte.» Die Illusion war schnell geplatzt, nach ein paar Sendungen machte Schärer Schluss – und widmete sich wieder der Planung von perfekten Hochzeitstagen. Auch diese seien eine Illusion, allerdings eine schöne: «Wir verkaufen Märchen. Das Leben ist nicht so wie die Hochzeit.»

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