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PunktMagazin – Ja-Sager mit der Hochzeitsplanerin Evelyne Schärer

Rund 40 000 Hochzeiten werden hierzulande jährlich gefeiert, zwischen 20 000 und 35 000 Franken lässt sich ein Paar ihr Fest der Liebe kosten. Davon profitiert die milliardenschwere Hochzeitsindustrie.

Brautkleid: 3500 Franken, Anzug 2000, Kosmetik und Coiffeur 600, Save-the-Date-Karten und Einladungen 2000, Platinringe 4000, Viergang-Menü 100 Franken pro Person – geladen sind 80 Gäste –, Hochzeitstorte 1500, Dekoration und Blumen 5000, Fotograf 3500, DJ 1200 Franken, dazu kommen noch die Miete für Raum und Limousine, Tauben, Apéro, 5 Franken Anschnittspauschale pro Tortenstück. Alles in allem geben Cornelia und Nik 34 000 Franken aus – für einen einzigen Tag. Laut Schweizer Hochzeitsplanern, offizielle Zahlen gibt es nicht, kosten von ihnen betreute Hochzeiten im Durchschnitt zwischen 20 000 und 35 000 Franken.

Cornelia und Nik zahlen 100 Mal mehr als den faktischen Heiratspreis. Ihre zivile Trauung schlägt mit 340 Franken zu Buche. Schweizweit kostet der juristisch relevante Part zwischen 300 und 400 Franken. Eine Heirat ohne Spektakel und Zeremonie wäre aber für die meisten wie Paris ohne Eiffelturm. Dass zu zwei Unterschriften auch ein besiegelnder Kuss, ein märchenhaftes Kleid und eine opulente Feier gehören, ist in den Köpfen fest verankert, ein mentaler Automatismus. Eventisierung, gerade an biografischen Meilensteinen, hat in der Epoche der Selbstdarstellung Konjunktur. Warum aber sehnen sich Individualisten nach der gesellschaftskonformen Inszenierung ihrer Partnerschaft?

Mentaler Automatismus

Vor allem von Mai bis September (am schönsten Tag im Leben soll schliesslich die Sonne scheinen) läuten die Hochzeitsglocken – und klingeln die Kassen. Eine ganze Industrie buhlt um die Heiratswilligen: Dekorateure, Konditoren, Coiffeure, Floristen, Fotografen, Brautmodehäuser, freie Redner und Zeremonienmeister, Kleinunterhalter, allen voran die Gastronomie, auf die ein Drittel der Ausgaben entfällt. Branchenkenner schätzen den Umsatz der Hochzeitsindustrie auf 700 Millionen Franken pro Jahr. Rechnet man die Ausgaben für Geschenke und Flitterwochen hinzu, knackt der Umsatz die Milliarden-Grenze.

Dass es vielen nicht absurd vorkommt, für einen einzigen Tag so viel Geld auszugeben wie für die Mietwohnung in einem ganzen Jahr, ist erstaunlich. Der Grund dürfte in der kulturellen Gepoltheit zu finden sein: Biografische Anlässe wecken das Bedürfnis nach Sichtbarmachung und Selbstinszenierung. Ereignisse, die einen Platz in der Individualgeschichte haben, müssen markiert werden. Und zwar in aller Form. Wenn zwei sich das Ja-Wort geben, sind Familie und Freunde dabei (keine Inszenierung ohne Publikum), dann wird herrschaftlich gegessen, dem Paar gehört der erste Tanz. Für jeden Anlass gibt es bewährte Verhaltensmuster, die das Leben strukturieren.

«Rituale sind unsere inneren Reiseführer», erklärt das Museum für Kommunikation Bern. Sie sind schematisch und dank Stereotypie jedem geläufig. Alles andere wäre ein mentaler Kraftakt. Nicht umsonst kommen Gäste ins Schwitzen, wenn sie die Einladung zu einer keltischen Hochzeitszeremonie erhalten. Da fängt das Problem schon bei der Kleiderfrage an. Auch wenn die Freude an Selbstdarstellung karnevaleske Züge annimmt und unkonventionelle Formen die Hochzeitsgesellschaft irritieren, bleibt zumindest der Automatismus, dass auf eine Heirat ein wie auch immer geartetes Fest folgt. Festzwang nennt das die Kulturwissenschaft. Wer das Ereignis nicht zur Schau stellen will, betrügt die Mitmenschen um ihre Teilhabe am Leben des Paares. Und wer möchte schon das 90-jährige Grosi um ihre Weltanschauung bringen?

Romantisch und individuell, bitte schön

Auch wenn Hochzeitsplaner einen Standard bestreiten («jede Hochzeit ist anders»), lesen sich die Aufträge, als hätten die Paare voneinander abgeschrieben: «romantisches und individuelles Fest», «romantische Hochzeit im Kreise der Familie und Freunde», «bodenständige und individuelle Hochzeit». «In der Regel wollen die Paare das volle Programm: Trauung, Apéro, Limousine oder Kutsche, Fotoshooting, Hochzeitstorte, Dinner, Hochzeitstanz», räumt Sabrina Weber von Wedding Factory aus dem Aargau dann doch einen Standard ein. Einen Standard, der an jedes Paar angepasst wird, versteht sich. Dass der Hochzeitstanz nicht dem Walzer, sondern dem gemeinsamen Lieblingslied gilt, ist das Maximum an Abweichung. Die Grundpfeiler der Tradition bleiben unangetastet, ein klares Ja zur Konvention.

Doch Tradition ist kein starres Gebilde aus Vorstellungen und Erwartungen, das resistent gegen gesellschaftliche Veränderung ist. Dass der Brautvater nicht mehr sein Portemonnaie zücken muss, wenn «sein kleines Mädchen» heiratet, hat sich längst etabliert. Die Paare tragen die Kosten meistens selbst, heiraten sie doch in einem Alter, in dem sie auf eigenen Beinen stehen. Frauen in der Schweiz sind bei der Hochzeit im Schnitt 29 Jahre alt, Männer 31. Aber die Melange aus überlieferten Bräuchen und eigenem Festdesign schielt immer noch nach gesellschaftlicher Akzeptanz. Da hilft auch der Anschein des Unwiederholbaren und Einzigartigen durch Schnapszahldaten und der exzessive Ausdruck des Anders-als-alle-Anderen-Seins nichts.

«Brautpaare wollen individuell und persönlich heiraten, lehnen sich aber gerne an alte Sitten an», sagt Hochzeitsplanerin Caterina Pelosato Bieg von Wedding-à-la-carte aus Pfäffikon/ SZ und Vorstandsmitglied des Wedding Networks, einem «Zusammenschluss professioneller Dienstleister im Bereich Wedding und Event». Am Ende gleichen sich die Hochzeiten wie die Regale, die Paare im Einrichtungshaus zusammenstellen: versetzbare Einlegeböden, verschiedene Farben, wahlweise gibts Boxen, Körbchen und Türen dazu. Vorlage für den Event der Superlative geben vermehrt Hochzeiten aus Hollywoodfilmen. Amerikanische Bräuche sind im Kommen, bestätigt Aline Birgelen, seit sechs Jahren Hochzeitsplanerin beim Unternehmen Luuniq aus Herrliberg: Stag und Hen Nights, Candy Bars, Outdoor-Zeremonien, Bridemaids, üppigere Dekorationen, Give-aways für die Gäste, Get-Together am Vortag.

Nicht zuletzt kommt auch ihr Beruf aus den Staaten. Vor zehn Jahren konnte man die Hochzeitsplaner in der Schweiz noch an einer Hand abzählen, mittlerweile liefert Google um die 80 Treffer. «Die wenigsten machen die Hochzeitsplanung allerdings hauptberuflich», meint Evelyne Schärer. Ihre Firma Your Perfect Day ist mit sechs Filialen ein Novum in der Schweiz. Sie selbst kümmert sich um Highend-Hochzeiten: «Im Durchschnitt geben unsere Paare an die 100 000 Franken aus.» Ein Hochzeitsplaner verdient zwischen 10 und 15 Prozent des Hochzeitsbudgets. «Der Satz reduziert sich aber, je grösser das Budget ist», ergänzt Evelyne Schärer, «15 000 Franken verdienen auch wir nicht.»

Nachdem die 2007 gegründete Schule für Eventkommunikation & Organisation, die Seko-Swiss, im Frühjahr Konkurs ging und damit auch ihre Ausbildung zum Hochzeitsplaner der Vergangenheit angehört, gibt es das Diplom nur noch an der Schule für Marketing, Werbung und Kommunikation (sawi): Fünf Monate, 6030 Franken. Gerade haben 22 Studierende den fünften Kurs begonnen, darunter ein männlicher Hochzeitsplaner in spe. Mitinitiantin des Lehrgangs ist wiederum Evelyne Schärer als Präsidentin des Verbands unabhängiger schweizerischer Hochzeitsplaner (VUSH). Den Verband hat sie 2008 mitgegründet, um eine marktfunktionierende Handhabe gegen «alle selbsternannten Hochzeitsplaner» zu haben. Aktuell versammelt der VUSH 17 Mitgliederfirmen und neun Anwärter, also Lehrabgänger. Susanna Suter ist mit ihrer Firma Sternenhimmel Wedding Events aus dem Kanton Luzern nicht im Verband. Sie hält nicht viel vom Label – «meine Ausbildung zur Eventmanagerin ist Qualitätszeichen genug» – und sieht den Kurs skeptisch: «Der Lehrgang produziert Akteure, die sich hinterher auf den Füssen stehen. Der Markt ist viel zu klein.» Evelyne Schärer zeigt sich über die Kritik erstaunt: «Bei rund 40 000 Hochzeiten ist der Kuchen doch gross genug.» Schätzungen zufolge wendet sich allerdings nur ein Prozent aller Paare an einen Hochzeitsplaner.

Fehlendes Trennungsritual

Bis ins 19., teilweise 20. Jahrhundert hatte die Eheschliessung einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Es ging um legitimierte Sexualität, wirtschaftlich motivierte Konglomerate, den Fortbestand einer Verwandtschaft und religiösen Sinn. Heute ändert sich mit der Heirat im Grunde nur die Steuerklasse. Das Tamtam, das heute um die Ehe gemacht werde, sei daher ein Paradox, findet die emeritierte Ritualforscherin Christine Burckhardt-Seebass aus Basel. Die Veränderung der Lebensumstände, die für unsere Grosseltern mit der Hochzeit wirksam wurde, ist gegenwärtig ein langjähriger Prozess vor der Hochzeit. Wer den Frischvermählten heute eine Kaffeemaschine schenkt, muss ziemlich sicher wissen, dass das Gerät des Paares defekt ist. Die Ehe hat ihren Institutionscharakter in der westlichen Welt verloren. Sie ist vielmehr die symbolische Kontinuitäts(ver)sicherung einer Partnerschaft.

Das deutsche Soziologenpaar Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim meint sogar, Liebe sei in der säkularisierten Welt ein Religionsersatz. In Zeiten von «anything goes» kompensieren emotionale Beziehungen die Orientierungslosigkeit und Unverbindlichkeit, die der Bauchladen an Lebensentwürfen mitliefert. Der emotionale Halt jedoch geht nicht selten und nach durchschnittlich 14 Jahren in die Brüche. Im letzten Jahr liessen sich in der Schweiz 17 119 Paare scheiden. Familienforscherin Ute Holfelder vom Institut für Populäre Kulturen an der Universität Zürich hält dagegen: Scheidung sei kein ideologischer Zerfallsmoment, sondern ein «Zeichen für die Bedeutungszunahme des Eheideals, das in der Praxis scheitert».

Genau genommen hätten Trennungen Rituale viel nötiger als die vorangegangene Verbindung, denn es gibt keine gemeinschaftswirksame Form, mit Scheidung umzugehen. In guten Zeiten wird gefeiert, in schlechten Zeiten geschwiegen. Wenn die kulturelle Gepoltheit einen Grund zur geteilten Freude sieht, wird mächtig in die Tasche gegriffen. Fürs Scheitern aber hat die Konvention kein sich automatisch abspielendes Programm.

Worte Stine Wetzel

Bild Fabian Widmer

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